Kafka im Kulturkeller
Anlässlich des Jubiläums seines 100. Todesjahres fand im Kulturkeller der Gaußschule ein literarischer Abend zu Ehren Franz Kafkas statt. Christian Kurze, Deutsch- und Englischlehrer, und Dr. Jan Eckhoff, als Deutsch- und Sportlehrer aktuell schulfachlicher Dezernent im regionalen Landesamt für Schule und Bildung der Regionalabteilung Braunschweig, sprachen in der ganz besonderen Atmosphäre des Kulturkellers anekdotisch, kritisch, provokativ und persönlich über den Prager Schriftsteller. Musikalisch begleitet wurde das Gespräch, das von Referendarin Johanna Wolter moderiert wurde, von den Musiklehrerinnen Marion Schulten Polz und Dania Petermann an Klavier und Saxofon. Es war ein rundum gelungener Abend, für den der neu geschaffene und restlos gefüllte Kulturkeller den perfekten Rahmen bot.
Christian Kurze: „Es ist mir ein großes Anliegen, das Zerrbild Franz Kafkas als düsteren, gescheiterten, depressiv missmutigen und von Beziehungsunfähigkeit und Vaterkomplex gezeichneten Schriftsteller zu revidieren. Dieses heute im Deutschunterricht leider viel zu oft gezeichnete Bild resultiert aus der unlauteren Übertragung der Charakteristika seiner literarischen Helden auf sein eigenes Wesen. Unisono beschreiben Kafkas Zeitgenossen und Freunde ihn hingegen als charmant, gesellig, humorvoll und sportlich. Denen, die ihn wirklich persönlich kannten, sollten wir 100 Jahre nach seinem Tod endlich Gehör verschaffen und Glauben schenken.“
Dr. Jan Eckhoff: „Die Reflexion seines Schriftstellerdaseins zeigt die Ambivalenz von Kafkas Existenz. Im berühmten Brief an Brod schreibt er: ‚Ein nicht schreibender Schriftsteller ist allerdings ein den Irrsinn herausforderndes Unding.‘ Dazu kam, dass, wenn Kafka tatsächlich schrieb, vieles ja seinen Schreibbedingungen geschuldet Fragment blieb und er an einem Werkbegriff festhielt, der das Fragmentarische als künstlerisch misslungen verkannte.“
Franz Kafka wurde am 3. Juli 1883 geboren und starb am 3. Juni 1924 mit 40 Jahren. Als promovierter Jurist arbeitete er in Prag in der Arbeiter-Unfall-Versicherungsanstalt. Er war dreimal verlobt, heiratete nie und hatte keine Kinder. Seine Eltern Julie und Herrmann Kafka waren erfolgreiche und angesehene Kaufleute in Prag. Franz hatte drei Schwestern, Elli, Valli und Ottla, sowie zwei als Säuglinge verstorbene Brüder. Ab 1917 lebte er mit der Diagnose Lungentuberkulose. Fast sein ganzes Leben lebte er in Prag. Erst im letzten Lebensjahr zog er mit seiner letzten Freundin, Dora Diamant, nach Berlin. Kafka gilt heute als Schriftsteller von Weltruhm. Seine berühmtesten Texte sind die unvollendeten Romane ‚Der Prozess‘, ‚Der Verschollene‘, ‚Das Schloss‘ sowie die Erzählungen ‚Die Verwandlung‘, ‚Das Urteil‘ und ‚In der Strafkolonie‘. Die allermeisten seiner Texte veröffentlichte sein Freund Max Brod nach Kafkas Tod und gegen den ausdrücklichen Willen seines Freundes.